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Die Justiz spielte eine große Rolle bei der Durchsetzung der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Das Haus der Geschichte Baden-Württemberg hat in einem Gemeinschaftsprojekt mit dem Oberlandesgericht und dem Landgericht Stuttgart die Dauerausstellung "NS-Justiz in Stuttgart" konzipiert und realisiert. Sie umfasst eine Dokumentation im 1. Obergeschoss des Landgerichts sowie Stelen auf dem Vorplatz des Gebäudes an der Urbanstraße 20 in Stuttgart. Die Stelen sind den 423 Menschen gewidmet, die von 1933 bis 1944 im nördlichen Lichthof des alten Justizgebäudes hingerichtet wurden.
Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen die Strafjustiz und die Radikalisierung der Urteils- und Hinrichtungspraxis von 1933 bis 1945. Die Ausstellung beleuchtet zudem die Biografien von Richtern und Staatsanwälten, die an Todesurteilen mitgewirkt haben. Ein eigener Erinnerungsort ist den jüdischen Jurist*innen im Landgerichtsbezirk Stuttgart gewidmet, die in der NS-Zeit entrechtet, vertrieben und ermordet wurden.
Der Volksgerichtshof und die Sondergerichte waren Terrorinstrumente des NS-Staates. Sie fällten über 16.000 Todesurteile. Die nationalsozialistische Strafjustiz zielte zunächst auf die Ausschaltung politischer Gegner*innen und die Verfolgung religiöser Gruppen wie der Zeugen Jehovas. Das Sondergericht Stuttgart verurteilte Hunderte Menschen zu Gefängnisstrafen, die Kritik an der NS-Regierung geübt hatten. 60 Prozent der Todesurteile verkündete das Sondergericht nach Beginn des Zweiten Weltkriegs in Strafverfahren wegen Eigentums- und Wirtschaftsdelikten.
Die NS-Justiz ließ im alten Justizgebäude mindestens 423 Todesurteile vollstrecken. Drei Stelen vor dem Landgericht Stuttgart erinnern an die 402 Männer und 21 Frauen, die von 1933 bis 1944 im nördlichen Lichthof durch das Fallbeil starben. Rund 100 der zum Tode Verurteilten hatten mit Flugschriften oder kritischen Äußerungen gegen die NS-Herrschaft protestiert. Über 50 Soldaten waren im Vernichtungskrieg der deutschen Wehrmacht desertiert. Auch in den Prozessen wegen Gewalt und Eigentumsdelikten wurden rechtsstaatliche Prinzipien missachtet.
Die Ausstellung lenkt das Augenmerk auf die Richter und Staatsanwälte, die an Todesstrafen des Sondergerichts und der Strafsenate des Oberlandesgerichts Stuttgart beteiligt waren. Der Vorsitzende des Sondergerichts Stuttgart, Hermann Cuhorst, verantwortete von 1937 bis 1944 etwa 100 Todesurteile. Die Spruchkammer Stuttgart stufte ihn zwar 1948 als "Hauptschuldigen" ein. Keiner der Juristen, die in der NS-Zeit Todesstrafen beantragt oder verhängt hatten, wurde aber durch ein deutsches Gericht rechtskräftig verurteilt. Viele Mitglieder des Sondergerichts Stuttgart machten ab 1950 wieder Karriere im Justizdienst.
Ausstellungsleitung: Prof. Dr. Paula Lutum-Lenger
Kuratorin: Dr. Sabrina Müller
Ausstellungsgestaltung: Hans Dieter Schaal, Attenweiler
Ausstellungsgrafik: lahaye tiedemann gestalten, Ulm
Katalog
Der Katalog zur Ausstellung "NS-Justiz in Stuttgart" ist an der Pforte des Landgerichts sowie im Museumsshop des Hauses der Geschichte erhältlich und bestellbar per E-Mail unter museumsshop(at)hdgbw.de.
Adresse
Landgericht Stuttgart
Urbanstraße 20
70182 Stuttgart
Vorplatz und 1. Obergeschoss
Öffnungszeiten
Montag bis Freitag 9 bis 18 Uhr
Eintritt frei
Anmeldung für Führungen: besucherdienst(at)hdgbw.de, Tel. 0711.212.39.89
Der Ausstellungskatalog ist erhältlich unter museumsshop(at)hdgbw.de